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Eine Traumatherapie ist eine spezielle Therapie für Menschen, die aufgrund eines katastrophalen Erlebnisses in ihrem Leben stark beeinträchtigt sind, beziehungsweise darunter leiden. Ein Trauma kann zum Beispiel durch einen Unfall, durch Misshandlungen in der Kindheit oder auch durch Naturkatastrophen entstehen. Nach dem diagnostischen und statistischen Handbuch psychischer Störungen (DSM-IV) liegt ein Trauma vor, wenn eine Person:

o   mit tatsächlichem oder drohendem Tod konfrontiert wurde,

o   ernsthaft verletzt wurde, oder

o   die eigene oder fremde körperliche Unversehrtheit bedroht wurde und...

o   ...die Person daraufhin intensive Furcht, Hilflosigkeit und Entsetzen verspürt.

Nicht jedes schlimme Erlebnis ist jedoch ein Trauma. Es hängt davon ab, wie belastend der Betroffene die Situation empfindet. Kann sich die Person in der Situation nicht wehren oder fliehen, entsteht eine starke Hilflosigkeit, die auch nach dem Erlebnis bestehen bleibt.

Als Folge versuchen die Betroffenen Situationen zu vermeiden, die sie an das Trauma erinnern. Dennoch tauchen im Kopf immer wieder unerträgliche Erinnerungen auf. Häufig entstehen durch ein Trauma auch Erinnerungslücken, eine erhöhte Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten. Bei vielen Betroffenen legen sich diese Symptome nach kurzer Zeit wieder. Etwa 15 bis 25 Prozent bleiben jedoch traumatisiert und entwickeln eine Posttraumatische Belastungsstörung.

Durch ein Trauma können außerdem Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen oder eine Suchterkrankung entstehen.

 

Mithilfe der Traumatherapie soll diesen Menschen geholfen werden, wieder zu einem normalen Leben zurückzufinden. Die Traumatherapie kann im Rahmen einer Verhaltenstherapie, aber auch in tiefenpsychologischen Verfahren stattfinden. Es gibt sowohl ambulante Praxen, als auch Kliniken, die auf die Therapie von Traumata spezialisiert sind.

 

Was macht man bei einer Traumatherapie?

Therapeuten passen die Behandlung an die Schwere des Traumas an. Sie unterscheiden zwischen den:

o   Typ-I-Traumata, die einmalig passiert sind, wie zum Beispiel ein schwerer Unfall und den

o   Typ-II-Traumata, die wiederholt auftreten, zum Beispiel Misshandlungen.

 

Der grundsätzliche Ablauf der Traumatherapie besteht jedoch in der Regel aus den folgenden Phasen:

 

1. Stabilisation

Zu Beginn der Traumatherapie geht es darum, den Patienten zu entlasten und ihn emotional zu stabilisieren. Die Voraussetzung dafür ist eine gute Beziehung zwischen Patient und Therapeut. Der Patient muss sich bei dem Therapeuten wohlfühlen und ihm vertrauen. Um seinem Patienten nicht zu schaden, muss sich der Therapeut langsam an das Erlebnis herantasten. Ein zu schnelles Vorgehen würde den Patienten überfordern.  

Bei Patienten, die einem Typ-II-Trauma ausgesetzt waren, nimmt die Stabilisierungsphase längere Zeit in Anspruch. Eine Auseinandersetzung mit dem Trauma macht nur dann Sinn, wenn der Patient in der Lage ist, seine Gefühle zu regulieren und auftretende Anspannungen abzubauen. Menschen, die über lange Zeit traumatischen Erlebnissen ausgesetzt waren, müssen diese Fähigkeit erst wieder erlangen.

Ist der Betroffene so stark beeinträchtigt, dass er sich das Leben nehmen will, muss er in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden.

Zur Stabilisation werden in der Traumatherapie verschiedene Techniken eingesetzt. Der Patient soll sich zum Beispiel in Gedanken an einen sicheren Ort begeben. Es soll ein Ort sein, an dem er sich wohl und vor Gefahren beschützt fühlt. An diesem Ort kann der Patient dann noch innere Helfer in die Vorstellung einbauen. Diese stehen ihm zur Seite und beschützen verletzliche Anteile. Diese Hilfsmittel werden in der Traumatherapie erarbeitet, damit der Patient sie später auch allein anwenden kann, wenn Ängste auftreten.

 

2. Traumabearbeitung

Zur Behandlung des Traumas empfehlen Experten die kognitive Verhaltenstherapie. Um das Trauma zu bewältigen, muss sich der Patient in der kognitiven Verhaltenstherapie aktiv mit dem Erlebnis auseinandersetzen. Der Therapeut konfrontiert den Betroffenen mit seinen Ängsten. Wenn die Person beispielsweise einen Autounfall erlebt hat, ermutigt sie der Therapeut, wieder mit dem Auto zu fahren. Denn eine Vermeidung der angstbesetzten Situationen verstärkt die Angst.

Durch die Konfrontation lernt der Patient, dass seine Befürchtungen nicht eintreten. Mit jedem Mal Autofahren wird die Angst geringer. Der Therapeut vermittelt zudem Techniken, mit denen Betroffene ihre Angst kontrollieren können. Dazu gehören Atemtechniken oder auch Gedankenstopps.

Im Zusammenhang mit Traumata beschreiben die Patienten oft Schuldgefühle. Zum Beispiel fühlen sich Vergewaltigungsopfer häufig verantwortlich für das, was ihnen widerfahren ist. Ein wichtiger Bestandteil der Traumatherapie ist es, diese destruktiven Gedanken zu verändern und die Schuldgefühle abzulegen.

 

Traumatherapie: EMDR

Für die Traumakonfrontation gibt es verschiedene Techniken. Ein häufig eingesetztes und anerkanntes Verfahren ist EMDR („Eye Movement Desensitization and Reprocessing“). In der EMDR-Traumatherapie geht es darum, dass der Patient mithilfe der Augenbewegung desensibilisiert wird und das traumatische Erlebnis verarbeitet: Der Patient begibt sich emotional in das traumatische Erlebnis. Währenddessen bewegt der Therapeut seine Hand abwechselnd nach links und nach rechts. Der Patient soll mit seinem Blick der Hand des Therapeuten folgen. Dieses Vorgehen wird solange wiederholt, bis die Angst nachlässt.

Die Augenbewegung ähnelt der im REM-Schlaf. In dieser Schlafphase haben Menschen sehr lebendige Träume und verarbeiten erlebte Situationen. Die Augenbewegung soll dem Patienten erleichtern, Erinnerungen abzurufen und zu verarbeiten. EMDR wird sowohl in der Verhaltenstherapie, als auch in psychoanalytischen Therapieformen zur Traumabewältigung angewandt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Traumatherapie: Medikamente

Medikamente können begleitend zur Therapie eingesetzt werden. Zum Einsatz kommen beispielsweise Antidepressiva (z.B. Fluoxetin) oder Antipsychotika (z.B. Olanzepin). Sie sollten jedoch nicht langfristig eingenommen werden und bieten auch keinen Ersatz für die Psychotherapie. In den meisten Fällen zeigt die Traumatherapie eine bessere Wirkung als die Medikamente. Daher werden Medikamente nur empfohlen, wenn der Patient in seinem Zustand nicht in der Lage ist,  sich aktiv an der Psychotherapie zu beteiligen.

3. Integration

Traumatisierte Menschen leiden immer wieder an plötzlich auftretenden, unangenehmen Erinnerungen. Die Betroffenen fühlen sich diesen Gedanken und Gefühlen oft hilflos ausgeliefert. Das Ziel der Traumatherapie ist, dass der Patient immer mehr die Kontrolle über seine Gefühle, Gedanken und Handlungen zurückgewinnt.

In der Therapie soll der Patient seine belastenden Erinnerungen bewusst hervorrufen und damit die Kontrolle wiedererlangen. Die traumatischen Erlebnisse werden dann solange bearbeitet, bis sie zu einem Teil der Lebensgeschichte werden. Durch die Integration des Traumas in die Biografie wird es von einer ständigen Bedrohung zu einem Erlebnis aus der Vergangenheit. Erst wenn der Patient bereit ist das Trauma hinter sich zu lassen, ist er in der Lage, seine Gegenwart und seine Zukunft aktiv zu gestalten.

 

Welche Risiken birgt eine Traumatherapie?

Die Auseinandersetzung mit dem Trauma birgt das Risiko einer Retraumatisierung. Der Patient erlebt erneut stark belastende Gefühle. Im Unterschied zur gezielten Konfrontation mit dem Trauma fühlt sich der Patient hilflos und wird handlungsunfähig. Die erinnerten Erlebnisse können so stark werden, dass sie sich für den Patienten anfühlen, als würden sie sich erneut zutragen.

Eine Retraumatisierung verfestigt ungünstige Denkweisen und schadet dem therapeutischen Prozess enorm. Daher ist es wichtig, dass die Behandlung von Traumata durch einen ausgebildeten Therapeuten durchgeführt wird. Dieser kann dem Patienten helfen, mit speziellen Techniken die Erlebnisse zu verarbeiten, ohne dass er die Kontrolle verliert.

Eine Retraumatisierung kann jedoch auch außerhalb der Traumatherapie durch bestimmte Reize auftreten. Die Wahrnehmung von Geräuschen oder auch Gerüchen, die den Betroffenen an das Trauma erinnern, können starke Ängste auslösen.

 

Was muss ich nach einer Traumatherapie beachten?

In der Traumtherapie erwachen oft Gefühle und Erinnerungen, die möglicherweise tief im Unbewussten vergraben waren. Zu Beginn der Traumatherapie kann sich der Zustand des Patienten daher kurzfristig verschlechtern. Die oft schmerzhafte Auseinandersetzung ist jedoch notwendig, um eine langfristige Verbesserung zu erreichen.

Auch nach der Therapiesitzung werden Gefühle und Gedanken im Inneren weiterarbeiten. Als Patient sollten Sie sich daher nach der Sitzung erst einmal Zeit nehmen und Ihre Gefühle sortieren.

Die emotionale Verarbeitung geht auch im Schlaf weiter. Albträume sind nach der Konfrontation des Traumas nicht ungewöhnlich. Auch wenn diese beängstigend sind, ist die gedankliche Auseinandersetzung eine positive Entwicklung. Sie sollten auftretende Albträume und den Umgang damit mit Ihrem Therapeuten besprechen. 

Wenn Ihre Symptome nach dem Ende der Traumatherapie weiterhin vorhanden sind, muss die Therapie möglicherweise verlängert werden. In manchen Fällen ist auch ein Wechsel des Therapeuten sinnvoll - zum Beispiel, wenn die Chemie nicht stimmt oder die notwendige Vertrauensbasis nicht (mehr) vorhanden ist.

Haben Sie bisher eine ambulante Therapie in Anspruch genommen, sollten Sie eine stationäre Traumatherapie in Betracht ziehen, wenn Ihre Symptome sehr belastend sind oder lange andauern.

Zitat/ Quelle: Julia Dobmeier, Masterstudium in Psychologie

13. Februar 2017

WAS bedeutet TRAUMATHERAPIE ?

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